Montag, 3. September 2012

Baja California

Am letzten Tag in Huntington Beach haben wir noch zwei neue Reifen auf den Mercury gewechselt, die mexikanische Autoversicherung abgeschlossen und sind nochmals die genauen Schritte durchgegangen, welche uns dann am Grenzübergang in Tijuana erwarteten (siehe Foto des Notizzettels). 

 
"To do"-Liste an der Grenze in Tijuana


Nach einem Abstecher in der fast schon europäischen Stadt San Diego (seeeeehr viele deutschsprachige Austauschschüler) haben wir in einem Motel kurz vor der Grenze übernachtet und sind am nächsten Morgen früh zur Grenze gefahren. Von 7 bis 9.30 dauerte der ganze Papierkram (du wirst vom einen zum andern Office geschickt bis du das Touristvisum und das Car permit zusammen hast) und jeder Mexikaner wollte für die noch so kleine Auskunft (oder auch einfach so) Geld von dir (einer sagte er passe auf unser Auto auf, während wir ins Büro gehen, er könne das eben sehr gut ;-) wir müssten ihm lediglich ein paar Pesos geben, jajajaja). Schon krass wie sich die Welt in so kurzer Distanz ändert. Von San Diego über die in höchstem Masse abgesicherte Grenze und 10m später bist du in einer anderen Welt, voller Korruption, Kriminalität, teils Armut und viiiiel Chaos. So hiess es dann nach dem Bürokram erst mal das Verkehrschaos der Grenzstadt Tijuana hinter sich bringen (nach dem wir über die Grenze gefahren sind und ich den Officer schön angelächelt habe, ist Michi ans Steuer gewechselt). Mit viel Geduld haben wir das Chaos durchfahren und als wir die Küste erreichten, konnten wir erstmals etwas durchatmen.
Die Fahrt ging durch eine sehr trockene und ärmliche Gegend und wir mussten immer wieder durch beängstigenden Militärkontrollen fahren (und in Mexico ist sehr viel korrupt! Im Internet wird man immer wieder gewarnt, man solle nicht in der Nacht fahren, immer etwas Bargeld im Handschuhfach haben um die Polizisten zu bestechen etc. es käme auch vor, dass sie dich zwingen, mit der Kreditkarte Geld abzuheben etc. In Huntington Beach hat mir jemand erzählt, wenn dich ein Polizist aufhaltet laufe das so ab: er sagt dir was du falsch gemacht hast und er schiebt dir den Busszettel zu, dann gibst du ihm den Busszettel zurück aber mit der dreifachen Summe und das ganze ohne Worte, da er meist mit Mikrofon zu einer Station verbunden ist, die das ganze abhören könnten. So hat er sein „Trink“-Geld verdient und lässt dich dafür ohne weiteres wenn und aber weiterfahren. Wichtig sei, einfach nicht viel zu sagen, sonder das nur so zu machen. Wenn er das Trinkgeld wieder zurück gibt, heisse das nicht es sei nicht nötig, sondern es sei zu wenig und du legst ein paar Noten mehr darunter, bis er dich gehen lässt.). Aber zurück zu den Militärkontrollen, bei der wir immer noch nicht wissen, ob die auch korrupt sind, jedenfalls erkennt man sie meist schon von weitem durch Holperhindernisse auf der Strasse, die einem zwingen langsam zu fahren und einer Menge schwer bewaffneter Soldaten (stehen immer so Matchomässig breitbeinig da und versuchen möglichst böse zu schauen). Sobald wir die sehen, verstecken wir schnell all unsere Wertgegenstände, wenn wir können wechseln wir noch schnell den Sitzplatz, so dass ich fahre und ich setze das breiteste Lächeln auf. Meist schauen sie dann mal grimmig durch das Fenster und inspizieren unser Auto (unser Durcheinander) und beginnen dann mich auszufragen woher, wieso, wie lange etc. Meist endet das ganze dann in spanischem Smalltalk und ich versuche mit ein wenig Charme ihm beizubringen, dass wir nur auf Durchreise sind… Insgesamt mussten wir nur ein Mal das Auto durchsuchen lassen (Michi beobachtete dies haargenau und ich plauderte währenddessen mit dem Soldat) ansonsten konnten wir immer direkt weiterfahren. Seit unsere Autonummer vorne nur noch an einer Schraube hängt und ich die andere Seite mit einem pinken „Victorias secret Mäscheli“ (Unterwäschemarke) befestigt habe, hab ich das Gefühl, die nehmen uns sowieso nicht ernst  (hinzu kommen noch die Klebispuren, weil wir ein Dichtungsgummi oberhalb der Frontscheibe mit weissem Sporttape anklebten… also reich sehen wir definitiv nicht aus). 

unser Tory (Improvisation mit "Victorias-Secret"-Mäscheli)
Nach fünf Stunden haben wir San Quintin erreicht, ein kleines ärmliches Dorf an der Westküste der Baja. Dort haben wir in einem etwas abseits gelegenen kleinen grünen Hotel „Jardines Baja“ (ein Geheimtipp, danke Bart!!!) übernachtet.

Im Jardines Baja (grüne Oase in the middle of nowhere)

Am nächsten Tag gings weiter durch die Wüste im Zentrum der Baja, welche nicht sehr viel Abwechslung bietet. Michi wartet immer noch darauf, endlich mal den typischen Mexikaner zu sehen (ein schlafender Mexikaner unter einem Kaktus mit tief in die Stirn gezogenem Sombrero, einer Gitarre und einem Esel daneben), doch auch an diesem Tag wurde er wieder enttäuscht. Wir sahen Sombreros, Mexikos, Esel und jeder Menge Kakteen, aber nicht alles zusammen. Während ca. vier Stunden sahen wir immer die gleiche Kulisse: Kakteen aller Art die zum Teil riesen gross zwischen den runden Felsen hervor ragen, kleine Büsche überdecken den sandig roten Boden und zwischendurch huscht mal wieder eine Schlange über die Strasse (zum Glück immer wenn Michi am Fahren ist und ich gerade irgendwo anders hingeschaut habe… ,(Alp)Traumfänger sei dank). Es hat auch viele pechschwarze Geier mit blutroten Köpfen, als hätten sie ihn zuvor in ein totes Tier gesteckt. Sie ziehen ihre Kreise und schauen, dass die überfahrenen Tiere nicht lange auf der Strasse liegen bleiben. Einmal lag am Wegrand eine Kuh, wahrscheinlich ist sie davongelaufen oder hat sich verirrt und ist vertrocknet, jedenfalls sah sie noch ziemlich frisch aus, aber schon machte sich eine Herde Geier über sie her. Ein grusliges Bild.


Mukikaktus




Geier überall



Nach acht Stunden Fahrzeit erreichten wir Santa Rosalia, diesmal an der Ostküste der Baja. Im Dorf haben wir dann in einem kleinen Restaurant Fajitas gegessen, die echt gut (und scharf!) waren und Michi hat neben Buenos Dias das erste Mal einen ganzen Satz auf Spanisch gesagt: una serveca por favor (ein Bier bitte). Der Kellner schien sehr beeindruckt von diesem Blondi, der tatsächlich etwas spanisch über die Lippen brachte und fragte auch gleich nach „y que serveca quieres?“ („welches Bier solls denn sein“), da war bei Michi Schluss und er hatte nur noch ein riiiesen Fragezeichen im Gesicht. Der Kellner (und die anderen Gäste, welche Michi ebenfalls musterten) lachte und meinte nur „ah, solamente fria, claro!“ (hauptsache kalt). 

Im kleine Santa Rosalia...
Unsere Hazienda, die wir am Vorabend im anderen Hotel reservierten, lag etwas ausserhalb des Dorfes am Meer (Hotel las casitas) und sah wie die meisten von innen viel schöner aus als von aussen auf den ersten Blick angenommen wird. Wir hatten eins von acht Bungalows direkt am Meer mit Balkon fast über dem Wasser und einer riiiesen breiten Fensterfront mit fast 180Grad Meerblick direkt vom Bett aus, einfach traumhaft. Als dann der orange Vollmond noch auf ging und übers Meer zu uns ins Zimmer schien,  war die Stimmung einfach unglaublich. Am nächsten Morgen weckte uns ein traumhafter Sonnenaufgang, ich bin noch nie erwacht und habe vom Bett aus das Meer und der Sonnenaufgang gesehen, einfach mega schön!

unser Bungalow am Meer in Santa Rosalia

Sonnenaufgang vom Bett aus

Und so haben wir uns wieder auf den Weg gemacht. Eine Serpentinenstrasse führte von Santa Rosalia nach Loreto der Küste entlang. Hinter den engen Kurven tauchten immer wieder schmale Täler mit einem Flüsschen und jeder Menge Palmen auf. Die Strasse geht mitten durch diese dichten Palmenwäldchen, lediglich ein paar Bambushüttchen (und bestimmt auch einer Menge Drogen) waren verstreut zu sehen. Immer wieder überraschten uns nach den engen Kurven aber auch einsame und perfekt schöne Sandbuchten mit türkisblauem Wasser und feinstem weissen Sand. Meist geht noch eine kleine Sandlagune ins Meer hinaus und Palmen säumen die Flussmündung. Einfach wunderschöne Buchten, perfekt zum Zmörgele (wir haben in unserer Kühlbox im Auto immer noch Müsli und UHT Milch von der USA, so zmörgelen wir jeweils unterwegs), wir kochten Kaffee und gingen Baden. Hier an der Ostküste der Baja gibt’s ein grösserer Vulkan und deswegen (plus Küstenniederschlag) ist die Landschaft etwas grüner als im Innern der Baja. Neben den typischen Mukikakteen (wir nennen sie so, weil sie aussehen wie ein Mexikaner, der seine Arme seitwärts in die Höhe streckt und seine Mukis zeigt) wachsen auch tropische Blumen und andere Pflanzen aus dem roten Lavagestein. Die Landschaft erinnert uns ein bisschen an Kauai (Hawaii) mit den grün bewachsenen Lavafeldern, den tropischen Pflanzen und den einsamen schönen Sandbuchten. Ein paar Mal mussten wir mit unserem eher tief gelegenen Mercury überflutete Strassen queren, was schon ziemlich beängstigend ist, wenn man sieht wie tief die entgegenkommenden Jeeps einsinken. Aber ein Zurück gabs für uns ja eh nicht, deshalb hiess es einfach Vollgas, so dass sicher kein Wasser in den Auspuff laufen konnte.

Überschwemmte Strasse (aber Tory hats geschafft!)

Shit happens!

Leider ist diese Küstenstrasse hier von Santa Rosalita bis Ensenada Blanca auch schon das einzige landschaftlich wirklich reizvolle an der Baja (es sei denn man ist ein Wüstenfanatiker).
Die Strasse führte wieder etwas ins Innere der Baja, wo die Strassen wieder weniger kurvig waren. Komischerweise wurde die Strasse immer genau dann, wenn Michi das Steuer mir übergab wieder gerade und wenn ich es ihm übergab, folgte eine kurvige Strasse (ohne dass wir das wussten). Auf dieser Strecke hiess es einmal aus dem Navi: „jetzt folgen sie der Strasse für 173 Kilometer gerade aus“ und jaaaa: es war stocksteifschnurstrakstgeradeaus, mir ist fast das Gesicht eingeschlafen! Als danach so etwas wie eine Kurve kam (für uns Schweizer kaum bemerkbar), konnte ich sie nicht mal geniessen, weil ich gequatscht habe, shhht! Danach gings nochmals eeeewig pfeiffengeradeaus (insgesamt ca. 3 Stunden wirklich oooohne kleinste Kurve!) gääääähnnnn!. Das einzige Highlight waren die entgegenkommenden Autos, die manchmal Tiere hinten auf der Pickupladefläche transportierten. Einmal dachte ich, es kommt ein fahrendes Pferd entgegen. Es stand auf der Ladefläche eines kleinen Pickups und der Kopf schaute ca. einen Meter über die Fahrerkabine heraus (und das bei 120km/h!), mit wehendem Haar! Es konnte nur hoffen, dass keine Kurve kommt, sonst heisst es Adios Cabaillo!!!
Allgemein sind wir auf der Baja viel schneller unterwegs, als anfangs angenommen, denn die Autos fahren alle zwei bis drei Mal schneller als erlaubt ist. Wir blieben beim zwei Mal (wenn 50 steht fahren wir 100kmh). Als wir nach 8 Stunden La Paz erreichten, wollten wir eigentlich zuerst ein paar Tage hier bleiben und erst dann mit der Fähre aufs Festland. Doch bevor wir zum Hotel fahren wollten, gingen wir noch an den Hafen um die Fährtickets für den Dienstag zu holen. Da es eine halbe Stunde später direkt eine Fähre nach Mazatlan gab und wir in dem Moment gerade keine Lust hatten im schwülen und heissen La Paz zu bleiben (obwohl die Stadt einen sehr schönen Eindruck gemacht hat) entschlossen wir kurzerhand die Fähre zu nehmen. Als letzte gingen wir dann noch auf die Fähre, gefüllt mit Lastwagenfahrern und ein paar wenigen Einheimischen und fuhren über Nacht die 15 Stunden ans Festland… Als nächstes heisst es Cruzar Mexicoooo!!!!

Auf der Lastwagenfähre nach Mazatlan (Festland)

nein, wir sind nicht aufgefallen ;-)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen