Samstag, 20. Oktober 2012

Ecuador - von den Anden bis zum Amazonas

Leider hatte uns das Gepäck auf dem Flug von Brasilien über Lima nach Quito unterwegs verlassen und stand nach unserer Ankunft in Ecuador erst noch in Lima. So mussten wir den ersten Tag ohne unsere Kleider etc. überstehen…  Als wir am Flughafen in Quito angekommen sind, mussten wir uns erstmals wieder an etwas kälteres Klima mit ca. 22Grad gewöhnen. Nach so langer Zeit mit Flipflops und kurzen Hosen mal wieder Socken und Jeans zu tragen, war irgendwie komisch. Das Taxi fuhr uns direkt in das historische Zentrum der Stadt zu unserem Hotel „San Francisco de Quito“, ein altes Gebäude mit einem schönen grünen Innenhof und alten schwarzweiss Fotos von Quito aus den Anfängen des letzten Jahrhunderts. Doch die wenigen Meter vom Taxi in unser Zimmer brachten uns schon ganz schön ins Schnaufen und das Herz raste als wären wir auf einer Bergtour. Die dünne Luft hier oben auf 2850müM machte uns Meergängern schon etwas zu schaffen. Aber wir haben ja jetzt Zeit, uns daran zu gewöhnen… Da es ein altes Gebäude war, fehlte es auch an Heizung in den kleinen schmucken Zimmerchen und wir sind in unserer einzigen Kleidung, die wir hatten unter die vielen Bettdecken gekrochen.


Unser Hotel im historischen Kern der Stadt Quito


Der Innenhof des alten Kolonialgebäudes...

Am nächsten Tag machten wir uns auf in die herrliche Stadt, hoch in den Anden zwischen traumhaften, nebelumhüllten Berggipfeln. Vom Aussichtshügel El Panecillo, auf der eine riesige Statue steht, hat man einen guten Blick über die Stadt und die Vulkane in der Umgebung. Die Stadt hat zwar eine grosse räumliche Ausdehnung über viele Hügelchen, aber besteht kaum aus hohen Gebäuden sondern mehrheitlich Barrios (Stadtviertel) mit kleinen Häuschen in unterschiedlichen Farben. Das historische Zentrum ist übersät von historischen Monumenten und architektonischen Schätzen und gehört zum Unesco-Weltkulturerbe. Zahlreiche Hausfassaden aus dem 17. Jahrhundert (spanische Kolonialzeit ab 1532, Unabhängigkeit 1830), malerische Plätze und spanische Kirchen schmücken die Stadt. Die Bevölkerung besteht dank der offenen Einwanderungspolitik aus einem bunten Mix aus indigener Völker (Quichua-Indianer), die vor allem im Hochland und im Amazonasgebiet leben, aber auch in Quito zu sehen sind. Im Vergleich zu den allgemein schon sehr kleinen Menschen in Ecuador sind sie noch kleiner, haben Frauen wie Männer oft einen Hut aufgesetzt und sind meist in der Hauptstadt um ihre Produkte zu verkaufen. Hauptsächlich sind die Ecuadorianer aber Mestizen und Nachfahren von Afrikanern und Spaniern. Wir haben uns für den Tag in Quito nicht viel vorgenommen, sondern schlenderten durch die engen Gassen, zu den verschiedenen Plätzen und setzten uns wie die Einwohner auf eine Bank und schauten den Menschen zu. In der lebhaften Gegend trifft man auf schreiende Strassenverkäufer, bummelnde Fussgänger, hupende Taxis, Schachspielende ältere Menschen und Polizisten, die mit Trillerpfeifen versuchen , in den engen, verstopften Einbahnstrassen den Verkehr zu regeln. Fast alle der N-S ausgerichteten Gassen sind aber Autofrei und daher schön zum spazieren. Am Nachmittag gingen wir auf den Wochenendmarkt in der Neustadt, um für uns und unsere Liebsten ein paar Souvenirs zu kaufen und das Kunsthandwerk der Quechua-Indianer zu bestaunen. Wir sind immer noch überrascht, wie sauber und schön die Stadt ist, vor allem wenn man bedenkt, dass es die Hauptstadt eines Schwellenlandes mit 1.5 Millionen Einwohnern ist. In einer feinen italienischen Pizzeria haben wir den gemütlichen Tag ausklingen lassen. 

Quito von "oben"

Das "grüne" Viertel von Quito am Stadtrand...






Motorräder und Waschmaschinen kauft man hier im selben Geschäft... das ist Quito...

Guinea pig (Meerschweinchen), gegessen haben wir es erst in Peru...

grosses Pig...


Am nächsten Tag konnten wir endlich unser Gepäck am Flughafen abholen und haben das Mietauto, ein Chevrolet Spark (eine kleine runde Knutschkugel, auf der man gerade so knapp nebeneinander Platz hat und die Rücksitze gefüllt waren mit unserem Gepäck; auch genannt, das rote M&M‘s) abgeholt, mit dem wir eine Woche durch Ecuador bis zur Küste fuhren. 
Unsere rote Knutschkugel (auch rotes M&M's genannt), auf dem Weg runter in den Vulkankrater Pululahua...

Es war sooooo eng!!!!!

Zuerst gingen wir aber noch ein Stück weiter in den Norden, zum Mitad del Mundo, dem Monument auf dem Äquator.  Kein Wunder, dass hier nebst dem Äquatormonument noch eine ganze Menge Souvenirshops, Restaurants und eine Musikband mit Tanzaufführung die Touristen unterhält. Der Grossteil der Leute waren jedoch aus Ecuador und den Nachbarländer Kolumbien und Peru, bzw. die reiche Oberschicht dieser Länder, welche es sich leisten kann zu reisen. 

Wir sind auf dem Äquator; "Mitad del Mundo"




Da wir ja vor ein paar Wochen (ca. 23. Sept) den Sonnenhöchststand auf dem Äquator hatten, ist der Schatten hier extrem klein und wenn man da an der Sonne steht hat man nur einen ganz kleinen Schatten genau unter einem. Das ist schon speziell (ok, jedenfalls für uns Geografen ;-)
Danach sind wir mit der roten Knutschkugel etwas weiter nördlich durch sehr arme Gegenden bis zum Vulkankrater Pululahua (Naturreservat) gefahren und die 45min. Offroad-Strecke runter in den Krater gerollt (stellt euch unsere Knutschkugel neben all den 4x4 Offroader Fahrzeugen vor, die da die Strasse runter und hoch fahren ;-) ja wir wurden schon etwas komisch angeschaut, aber das Mietauto hats überlebt und die Stossdämpfer…., hmmmm) siehe Foto oben. Wir haben von einer Ökolodge gehört und hier eine Nacht in einem der drei Bungalows reserviert. Als wir endlich unten im Krater angekommen sind, gings noch ca. zwei Kilometer bis zur Ökolodge. Im Krater selber gibt’s aber nicht viel spannendes zu sehen, es sei denn man ist ein super Ornithologe und kennt die ganze Vogelwelt (die hier einmalig und daher geschützt sein soll). Die paar wenigen Häuschen im Krater gehören armen Bauern, die den nährstoffreichen Boden des Vulkankraters nutzen und ihre Bioprodukte dann verkaufen. Die Ökolodge hatte zwar auch nicht viel Luxus, aber stach im Vergleich zu den restlichen Bauern schon heraus. Da sieht man, was eine gelungene Vermarktung und v.a. ein guter Internetauftritt ausmachen kann. Der Besitzer Renato und sein Sohn begrüssten uns freundlich und stellten uns ihre „Velos“ für eine kurze Kratererkundungsrundfahrt zur Verfügung. Doch viel sehen konnte man schon bald nicht mehr, denn ein dichter Nebel füllte den Krater auf und wir erreichten gerade noch rechtzeitig die Lodge. In einem einfachen kleinen Bungalow mit Kamin bezogen wir unser Zimmer und assen etwas später im Haus von Renato Znacht (mit Zutaten aus dem eigenen biologischen Anbau). Die Nacht war sehr kalt, aber glücklicherweise hatten wir einen gemütlichen Kamin, der unser Bungalow etwas aufwärmte…

Auf der steilen Schotterstrasse gehts runter in den Vulkankrater Pululahua...

"Biken" im Krater

Noch nie ein Velo gesehen? Oder ist es etwa der Gringo auf dem Velo?



Am nächsten Morgen gabs wieder ein Frühstück aus dem Eigenanbau mit Kaffee, der hier wild wächst und von den einheimischen Frauen gesammelt und in der Lodge geröstet wird. Jammiiiii….
Um 6.30am ging die Fahrt wieder zurück, die steile Serpentinenstrasse hoch zum Kraterrand und dann weiter über Quito Richtung Tena, wo wir die nächsten zwei Nächte in einer Urwaldlodge reserviert haben. Die Strasse war extrem abwechslungsreich. Kurz nach Quito ging die Serpentinenstrasse steil hoch  (ja, von 2850m noch weiter hoch) und unsere Knutschkugel tuckerte Meter für Meter den Berg hoch (nicht nur wir scheinen auf dieser Höhe ins Schnaufen zu kommen). Oben sah die Landschaft aus wie auf dem Albulapass, dann gings wieder steil runter und nach fünf Minuten hätte man meinen können man sei im Emmental (ok, die Leute sahen vielleicht ein biiiischen anders aus), danach kam der Nebelwald und je näher wir unserem Ziel Tena kamen desto tropischer wurde es. 

Auf dem Weg nach Tena gehts über den "Albulapass" auf über 4000müM...

... und runter in den Dschungel des Amazonas nach Misahualli.


Am Mittag erreichten wir mit unserer Knutschkugel die exklusive Urwaldlodge „Hamadryade“ in Misahualli, inmitten von tropischem Regenwald. Was für eine super schöne Lodge mit fünf Bungalos auf einem kleinen Hügel mit spektakulärer Aussicht auf den Amazonaszufluss Rio Napo und auf die üppige Vegetation. Das Paradies gehört Sébastien, einem Franzosen aus Paris, welcher vor sechs Jahren mit seiner Frau hierher ausgewandert ist und seine Gäste ausgezeichnet bewirtet. So hiess es für uns erstmals geniessen, geniessen und nochmals geniessen. 

Unsere Urwaldlodge "Hamadryade" mit Blick auf den Rio Napo (Amazonaszufluss).





Am nächsten haben wir mit einem Kanu einen Ausflug den Fluss runter gemacht und ein Tierrettungscenter mitten im Nirgendwo besucht. Der Unterschied zu einem Zoobesuch ist der, dass man hier die Tiere in ihrer wirklichen Umgebung (oft ohne Gehege aber betreut) sieht und die einzelnen Geschichten zu den Schicksalen der Tiere erzählt bekommt. Die meisten der Tiere wurden gefangen genommen oder stark missbraucht und danach  von Tierschutzorganisationen hierher gebracht. Jetzt kümmern sich Volontäre auf einer grossen geschützten Regenwaldfläche um die Tiere. 

Mit einer Lancha (kleines Boot) gehts den Fluss runter...



Hier leben die Quechua-Indianer




Ein Tapirjunge, welches die Mutter verloren hat...


Michi mit der Blowgun (Jagdinstrument der Quechuaindianer)


Zurück in Misahualli

Müüüüühsame Affen überall!!!



Als wir am Abend zurück kamen, begann es so richtig heftig zu gewittern. Der ganze Himmel leuchtete hell vor lauter Blitzschlägen und der Donner übertönte sogar das Affengeschrei (und die waren nicht etwa leise!), dazu strömte der Regen in Güssen (REGENwald eben…). 




An unserem dritten Tag im Regenwald sind wir mit Giovanni, einem Quechuaindianer und Freund von Sébastien, in sein Dorf gefahren und er hat uns seine Bräuche etc. vorgestellt und uns sein Dorf gezeigt. Zusammen haben wir dann auch Schokolade gemacht (vom Ernten der Früchte bis zur fertigen Schokolade), jammiii….
Die Ecuadorianer sind allgemein sehr kleine Leute, aber die Quechuaindianer sind extrem klein und so kam ich mir vor wie ein Riese ;-) (Und Michi hat kaum zu den „Türen“ rein gepasst!) 

Mit Giovanni auf dem Weg in ein "zivilisiertes" Quechua-Indianerdorf... (europäische Namen sind bei den Quechuas "in")


Schoggi selber machen vom Ernten der Früchte bis zum Geniessen...




Unser Zmittag selber gemacht (ein Muss aus Maniok und anderen tropischen Zutaten).



Leider hiess es dann auch bald Abschied nehmen vom tropischen Klima (ok, das war weniger traurig), von den brüllenden Affen am Morgen, vom guten Essen, der schönen Aussicht und von Sébastien. Der Weg führte uns 140km weiter Richtung Süden nach Banos, wo wir die nächsten zwei Nächte gebucht haben. Vom tropischen Regenwald auf knapp 500müM gings wieder hoch in die Berge auf knapp 2000müM, einem kleinen Städtchen mitten in einem engen Tal umgeben von Vulkanen. Der Hauptvulkan Tungurahua war 2006 das letzte Mal ausgebrochen und das ganze Dorf musste evakuiert werden. Der Evakuierungsplan des Städtchens ist äusserst durchdacht und Markierungen am Boden sowie Tafeln zeigen den Einwohnern den Fluchtweg. Zudem gibt es auf der Seite des Dorfes grosse Gräben, in denen die Lava abfliessen kann. Wir haben in Banos zu Fuss das Städtchen erkundet und sind in der Umgebung umher gewandert. 

Das Dorf Banos, eingebettet zwischen Vulkanen...


Die Evakuierungsroute ist überall in der Stadt markiert.






Die Ecuadorianer sind einfach soooo klein... und die Frauen tragen meist einen Hut.



Ein Swissbistro in Banos!!!! (von einem Graubündner geführt...)

Jammiiiii



Danach gings weiter Richtung Guayaquil, der grössten (und vielleicht auch hässlichsten) Stadt des Landes an der Küste, wo wir eine Nacht verbrachten. Am nächsten Morgen haben wir am Flughafen die Knutschkugel heil abgegeben und uns für den Weiterflug nach Peru (Cusco) ready gemacht. 


Von der Vulkanlandschaft um Banos gehts an die Küste nach Guayaquill...

Guayaquill an der Pazifikküste, die grösste Stadt Ecuadors...

Die neun Tage in Ecuador sind einfach viel zu schnell vorbei geflogen, aber wir haben sie sehr genossen und sind noch heute fasziniert von der abwechslungsreichen Landschaft mit den grossen Höhenunterschieden, den netten Menschen und der schönen und interessanten Stadt Quito. 

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